Alle Eltern kennen es: es ist morgens, die Arbeit bzw. die Kita ruft, man ist eigentlich schon 10 Minuten zu spät dran und die Kinder wollen sich aber einfach partout nicht anziehen. Wie reagiert man nun am besten? Mit Druck? Drohungen? „Wenn du dich jetzt nicht anziehst, dann …“ Aber fühlt sich das gut an? Fühlt sich das richtig an? Oft sind das unsere ersten Impulse, weil wir es vielleicht selbst so erlebt haben als Kind, doch im Nachhinein spüren wir, dass es der Verbindung zu unseren Kindern nicht guttut, dass wir uns in diesem Moment über sie stellen, Macht ausüben, obwohl wir eigentlich gerade total hilflos sind und nicht weiterwissen. Doch warum ist es eigentlich so, dass vielen Kindern morgens das Anziehen so schwerfällt? Für uns Erwachsene sind es lediglich ein paar Kleidungsstücke, die angezogen werden müssen. „Das kann doch nicht so schlimm sein“, denken wir uns oft. Doch für unsere Kinder steckt hinter dem Prozess des Anziehens viel mehr als wir vielleicht denken und ein Perspektivwechsel lohnt sich:
Anziehen ist ein Übergang
Übergänge begleiten uns den ganzen Tag. Wir stehen auf, machen uns fertig, verlassen das Haus, beginnen zu arbeiten, machen vielleicht eine kurze Pause, arbeiten weiter, usw. All diese verschiedenen Tätigkeiten erfordern einen Übergang von der einen Situation zur nächsten. Für uns Erwachsene ist dies völlig selbstverständlich. Weil wir es so gelernt und verinnerlicht haben. Weil wir Vorausschauen und den nächsten Schritt planen können. Kinder jedoch leben im Hier und Jetzt. Sie saugen alles aus ihrer Umgebung auf, nehmen feinste Reize wahr, genießen das aktuelle Spiel, das Glitzern feiner Staubkörner in der Sonne, beobachten genüsslich die Fliege auf dem Esstisch und kreieren sich so Zusammenhänge unserer Welt. Übergänge werden dabei als störend und herausfordernd empfunden, da sie die aktuelle Handlung der Kinder unter- oder sogar abbrechen. Kinder leben noch nicht nach der „Erwachsenenuhr“, die ihnen sagt, wann es Zeit zum Anziehen oder Losfahren ist. Für sie kommt die Ankündigung „Anziehen!“ oft völlig unerwartet und wird daher meist erstmal mit einem strikten „Nein!“ kommentiert. Eigentlich verständlich, denn wie würden wir uns fühlen, wenn wir gerade entspannt in der Badewanne liegen und plötzlich unser Partner ruft „Los, jetzt zehn Liegestütze!“? Wohl auch eher mit Abneigung als mit sofortiger Zustimmung.
Mehr Selbstständigkeit und Selbstbestimmung, bitte!
Mit Anfang der Autonomiephase, welche meist um das 2. Lebensjahr beginnt, entwickeln Kinder einen zunehmenden Drang nach Selbstbestimmung und Selbstwirksamkeit. Die eigene Identität beginnt sich herauszubilden und Kinder wollen in dieser Phase ganz viel allein probieren, erforschen und schaffen. Sie wollen ihre eigenen Entscheidungen treffen und ihren eigenen Willen entwickeln. Kommt dann plötzlich morgens Mama um die Ecke und fordert das sofortige Anziehen ein, kann es durchaus emotionalen Widerstand seitens des Kindes geben. Es möchte schließlich selbst entscheiden, wann es sich anzieht und welche Kleidungsstücke es dabei wählt. Meist kommt dann noch hinzu, dass die Kinder in dieser Phase beim Anziehen möglichst viel alleine machen wollen, es aber manchmal teilweise noch zu schwierig ist oder sehr viel Zeit in Anspruch nimmt, was wiederum auf Seiten der Eltern zu Ungeduld und Zeitdruck führt. Ein ziemlich kräfteraubender Kreislauf entsteht…
Warum eigentlich Anziehen?
Es ist doch gerade so schön warm und gemütlich in meinem Schlafanzug, warum soll ich jetzt in andere Kleidungsstücke, die sich vielleicht noch kühl, unbequem oder sogar etwas rau oder kratzig anfühlen, schlüpfen? Für viele Kinder erschließt sich der Sinn des Anziehens, so, wie wir Erwachsenen ihn sehen, einfach noch nicht. Dass es draußen vielleicht kalt oder warm ist, und was das genau bedeutet, lernen Kinder erst mit fortschreitender Entwicklung. Und wenn der Ärmel dann auch noch klemmt, die Hose vielleicht etwas zwickt und die dicke Winterjacke die Bewegungsfreiheit einschränkt, ja, dann macht das Anziehen erst recht keine Freude und wird daher so lange wie möglich rausgezögert oder gemieden.
Anziehen als Bindungsmoment
Ein letzter, aber dennoch sehr wichtiger Aspekt, warum Anziehen vielen Kindern morgens so schwerfällt, ist, dass das Wechseln der Kleidung für Kinder oft mit dem Wunsch nach Nähe und Aufmerksamkeit einhergeht. Denn es gibt Tage, da wollen unsere kleinen Räuber lieber alles alleine schaffen, aber dann gibt es natürlich auch Tage, an denen sie uns als Mama oder Papa und unsere Begleitung benötigen, einfach, weil es sich gut anfühlt und Sicherheit und Nähe schenkt. Denn oft sind wir Eltern morgens bereits sehr in Eile, hasten und nehmen uns vielleicht nicht immer einen kurzen Moment nur mit unseren Kindern im Hier und Jetzt, sondern sind gedanklich schon drei Stationen weiter. Das spüren unsere Kinder. Und deshalb fordern sie sich die Bindung und Zuneigung dann beispielsweise beim Anziehen konsequent ein, um ihren Bindungstank vor der Kita oder Schule noch einmal auffüllen zu können. Denn sie wissen: Mama und Papa sind dann erstmal für längere Zeit auf Arbeit und daher brauche ich genau jetzt noch einmal eine dicke Umarmung bzw. eine extra Portion Nähe und Körperkontakt, z.B. beim Anziehen der Hose, der Strümpfe, etc. Eigentlich ganz schön clever von unseren Kids, oder nicht? Und ja, sie könnten sich vielleicht auch schon komplett alleine anziehen, aber genießen wir es nicht auch, wenn jemand für uns das Frühstück zubereitet oder die Spülmaschine ausräumt, obwohl wir es eigentlich schon alleine könnten?
Nach diesem Perspektivwechsel wird es vielleicht etwas leichter zu verstehen, warum das morgendliche Anziehen manchmal eine ganz schöne Herausforderung für unsere Kinder sein kann und gerade, wenn es morgens mal wieder etwas stressiger zugeht, hilft es vielleicht, sich den ein oder anderen Punkt nochmal ins Gedächtnis zu rufen. Doch jede Herausforderung bringt auch Chancen mit sich. Chancen, es sich leichter und einfacher zu machen, für sich und auch für die Kinder. Deshalb haben wir unseren Anziehplaner entwickelt, mit dessen Hilfe viele Bedürfnisse und Wünsche gleichzeitig gestillt werden können. Denn unsere visuelle und interaktive Anziehhilfe ermöglicht selbstständiges Handeln bei gleichzeitigem Kontakt zur Bindungsperson. Der Anziehplaner ermöglicht den Kindern einen Gesamtüberblick über den Prozess des Anziehens zu bekommen, geknüpft an entsprechende Wetterlagen und Jahreszeiten, was den Sinn verschiedener Kleidungsstücke für Kinder verdeutlicht und das Anziehen somit verständlich und sinnvoll macht. Doch unser Anziehplaner kann noch mehr:
Routine & Struktur
Der Anziehplaner ermöglicht einen entspannten, routinierten Start in den Tag, denn die Kinder verstehen, dass das Anziehen morgens zum Tagesbeginn dazugehört. So wird Anziehen zu einer verständlichen Routine, die wiederum Struktur und Sicherheit schafft – für alle Beteiligten.
Selbstständigkeit & Selbstbestimmung
Durch seine einfache Handhabung sind die Kinder alleine in der Lage, mit dem Planer zu arbeiten und entsprechende Parameter, wie Jahreszeit und Wetter, einzustellen. Aufgrund der Vielzahl an Kärtchen können die Kinder anschließend die passende Kleidung selbstständig raussuchen und anbringen. Sie können also selbst entscheiden, ob sie bei warmen Temperaturen lieber eine kurze Hose oder einen Rock tragen möchten.
Bindung tanken
Auch, wenn die Kinder beim Anziehplaner schon recht selbstständig agieren können, bietet der Planer auch Momente von Nähe und Verbindung. Gemeinsam kann besprochen werden, wie das Wetter heute draußen ist und welche Kleidung dazu wohl am besten passen könnte. Auch die Namen der verschiedenen Kleidungsstücke können gemeinsam erarbeitet werden und so können bereits morgens wertvolle Bindungsmomente entstehen, welche den Kindern Kraft für den bevorstehenden Tag schenken.
Flexibel und anpassbar
Unser Anziehplaner lässt sich ganz nach den individuellen Bedürfnissen und Strukturen verschiedener Situationen anpassen. Egal ob für jüngere oder ältere Kinder, ob Zuhause, in Kita oder Schule, ob im Alltag oder im Urlaub, mit dem Anziehplaner lässt sich jede Situation differenziert gestalten und umsetzen.
Logik & Spiel
Durch seinen interaktiven Charakter bringt der Anziehplaner einen spielerischen Moment in die Morgenroutine, was dem kindlichen Bedürfnis nach Spiel und Spaß entspricht. Doch auch die Kognition der Kinder wird aktiviert und trainiert, indem sie logische Schlussfolgerungen ziehen, z.B. „Es ist Sommer. Es ist heute warm draußen. Ich kann kurze Sachen anziehen.“
Dementsprechend verbindet der Planer Spielen mit Lernen, Planen und Umsetzen, Sehen und Verstehen, Routine und Sicherheit sowie Eigenständigkeit mit Gemeinsamkeit. Er ist eine wundervolle Hilfe im Alltag und ermöglicht einen gemeinsamen, entspannten Start in den Tag. So wird vielleicht aus einem „Los, du musst dich jetzt anziehen!“ ein „Mama, ich sehe, es ist heute kalt draußen, ich brauche eine warme Mütze“, oder so ähnlich. 😊
Probiert es gemeinsam aus und sagt dem morgendlichen Anziehstress „adieu“! Denn es geht auch anders: leichter, routinierter, in Verbindung.